Die Investitionspolitik beeinflusst maßgeblich sowohl die Rentabilitäts- als auch die Liquiditätssituation der Unternehmungen und ist ein entscheidender Beitrag zur Nutzung von
Chancen und Abwehr von Risiken. Aufgrund der hohen Bedeutung und
wegen ihres langfristigen Charakters nehmen Investitionsentscheidungen eine wichtige Stellung innerhalb der
strategischen und langfristigen operativen Investitionsplanung ein.
Hierbei unterliegt die Investitionspolitik mehr denn je einer
zunehmenden Dynamik der Unternehmensumwelt und muss sich deshalb auf
ein Investitionscontrolling (= IC) stützen, das insbesondere
planerische, koordinierende und unterstützende Aufgaben über
den gesamten Lebenszyklus einer Investition hinweg wahrzunehmen hat
Vor diesem Hintergrund führte EUROFORUM Deutschland, in
Verbindung mit der Wirtschafts- und Finanzzeitung Handelsblatt, in
Köln und Sindelfingen zwei stark beachtete Fachkonferenzen über
den Stand und die Entwicklungen des IC durch. Die wissenschaftliche
Begleitung beider Veranstaltungen lag bei Prof. Dr.Joachim Buch,
Hochschule für Wirtschaft, FH Ludwigshafen, dem es gelungen ist,
die wichtigsten Aufgabenfelder und Instrumente des IC durch
Praxisberichte, Fachvorträge und Diskussionsforen mit
kompetenten Referenten aus der Praxis zu beleuchten.
Im Mittelpunkt des Beitrags von Arnd Dunse, Senior Controller im
Konzern-Controlling der Preussag AG, stand das wertorientierte IC im
Rahmen von Portfoliosteuerung und entwicklung. Dabei lassen
sich für den zwischenzeitlich vor allem weltweit größten
Touristik-Konzern aus der prozessorientierten Betrachtungsweise des
IC vier Phasen unterscheiden:
(1) Portfolioanalyse/Zielableitung: Identifikation der
Cash-Beiträge pro SGE im Verhältnis zum Wachstum bzw.
Niveau der Investitionstätigkeit; Festlegung von
Investitionsschwerpunkten unter Einbezug von corporate und business
Strategien; Ableitung von Richtgrößen (top
down) zum Finanzmittelbedarf aus der Investitionstätigkeit sowie
zum Cash-flow;
(2) Investitionsplanung: dezentrale Investitionsplanung durch
Konzerngesellschaften im Rahmen der mittelfristigen 3-Jahresplanung
(Darstellung von Zweck und Zielsetzung des Investitionsvorhabens
unter Berücksichtigung des strategischen Unternehmenskonzeptes
der beantragenden Konzerngesellschaft, separate Erläuterung der
wesentlichen Investitionsprämissen, evtl. Analyse der
unterstellten Markt- und Wettbewerbsentwicklung, evtl. Aufriss der
Erfolgserwartungsbandbreite auf Basis einer Sensitivitätsanalyse;
standardisierte Wirtschaftlichkeitsberechnung); Abstimmung und
Analyse auf Konzernebene und Verabschiedung des Investitionsrahmens
pro SGE;
(3) Prüfung/Genehmigung von Einzelprojekten: Prüfung von
beantragungspflichtigen Großinvestitionen durch das zentrale
IC; Genehmigung auf Vorstandsebene;
(4) Monitoring/Berichterstattung: Unterjähriges Monitoring
des Finanzmittelbedarfes aus der Investitionstätigkeit
(Cash-flow Analyse + Forecast); Erstellung des Investitionsberichtes
im Rahmen des Jahres Plan-Ist-Vergleichs.
Von besonderem Interesse war die Präsentation der
Grundelemente der Wirtschaftlichkeitsrechnung bei Sach- und
Finanzinvestitionen, einschließlich der modularstrukturierten
Wertbeitragsermittlung (Abbildung des absoluten Mehrwertes der
Investition, Einbeziehung des Finanzstrukturrisikos bei definierter
Zielkapitalstruktur, Abbildung von Finanzierungsalternativen), dem
Steuerschild (Abbildung des kapitalisierten Steuerschildes aus
Finanzierung) und der Ausnutzung von Verbundeffekten.
Die Bewertung und Steuerung strategischer und operativer
Investitionsvorhaben waren gleichermaßen Gegenstand der
Referate von Dr. Wolfgang Jäntsch, Leiter des IC der
Henkel-Gruppe, sowie von Michael Engelen, Referent
Beteiligungscontrolling der E.ON AG. In diesem Zusammenhang widmete
sich Jäntsch insbesondere der Controlling-Toolbox der Henkel
KGaA. Zur Wahrnehmung der Entwicklungspotenziale konkurrieren
Investitionen, Akquisitionen und F&E-Aufwendungen innerhalb eines
gemeinsamen Finanzrahmens von jährlich ca. 1,2 Mrd. . Die
Konkurrenz um diese Mittel erfordert vergleichbare
Bewertungsmethoden. Diese sind insbesondere Interner Zinsfuß,
Kapitalrückflussdauer und Kapitalwert. Während über
Investitionen < 1 Mio. in den untergeordneten verbundenen
Firmen und Ressorts, werden über Investitionen > 1 Mio.
letztlich auf Konzernebene entschieden. Im Hinblick auf die
Bewertungsmethoden gelten u. a. je nach Wertumfang der Investitionen
unterschiedliche Vorgaben, z. B. die ROI-Berechnung vor Steuern für
kleine (< 1 Mio. ) und der IRR-Ansatz nach Steuern für
große (> 1 Mio. ) Projekte sowie entsprechende hurdle
rates für Rentabilitäten und Amortisationszeiten. Die
Besonderheiten eines integrierten/abgestuften IC bei dezentraler
Führung von 8 Geschäftssegmenten, mit insgesamt rund 70 SGE
in einer Reihe unterschiedlicher Märkte, waren Gegenstand des
Vortrages von Engelen. Der Referent stellte heraus, dass für
Sach- und Beteiligungsinvestitionen unterschiedliche
Beurteilungskriterien und Anforderungen bestehen. Die Bewertung von
Unternehmen erfolgt nach dem DCF-Verfahren. Dabei werden die
Kapitalkosten auf Basis des CAPM ermittelt, d. h. die vorgegebenen
Kapitalkosten werden über ein Scoring-Modell aus den
Teilkonzern-Kapitalkosten abgeleitet und bei Auslandsprojekten werden
das Länderrisiko sowie unterschiedliche Inflationsraten durch
entsprechende Auf-/Abschläge in den Kapitalkosten
berücksichtigt.
Ein weiterer Schwerpunkt der Veranstaltung bildete das
Risikomanagement bei Investitionsprojekten. Dr. Herbert Lienhard,
Prokurist der RMCE RiskCon GmbH und Mitglied im RiskManagement
Competence Center Europe, widmete sich insbesondere den
potenziellen Risikofaktoren von Investitionsprojekten, diskutierte
Faustregeln aus der Beratungspraxis zur Beurteilung von
Investitionsrisiken und stellte anhand eines Fallbeispiels
(Entwicklung eines neuen Geschäftsfeldes) wichtige Methoden zur
Risikoanalyse strategischer und operativer Investitionen vor:
Sensitivitätsanalyse, Verfahren kritischer Werte/Zielwertsuche,
Szenarioanalyse sowie die Analyse von Unsicherheiten über
Monte-Carlo-Simulation.
In einem einleitenden Überblick über die diversen
Gestaltungsmöglichkeiten eines IT-gestützten IC
charakterisierte Prof. Dr. Buch vor allem die Eignung alternativer
Software-Tools (ERP-Systeme, individuelle DV und BI-Software) im
Rahmen des Entscheidungs-, Realisations- und Kontrollprozesses von
Investitionen. Die Möglichkeiten und Grenzen des Einsatzes von
ERP-Systemen zeigte Lothar Rappmann, Projektleiter, am Beispiel der
Durchführung des Geschäftsprozesses Anlagen- und
Investitionsmanagement bei der Volkswagen AG mittels SAP/R3
auf. Dabei wurde deutlich, dass zwar die einschlägigen
SAP-Module den administrativen Prozess des IC (z. B. Abwicklung der
Anlagenbuchhaltung, Abschreibungsplanung, Berichtswesen) hervorragend
unterstützen, jedoch weniger geeignet sind, den eigentlichen
Entscheidungsprozess zur Beurteilung von Investitionsprogrammen bzw.
der Einzelinvestitionen zu begleiten. Nicht wenige Unternehmen
bedienen sich eines Businessplans als Planungs- und
Controllinginstrument bei Neuinvestitionen. Hier knüpfte
Matthias Bäcker, Senior Projektleiter der Future Value Group AG,
an und stellte die wesentlichen Elemente und Umsetzungsprobleme
dieses Arbeitsmittels dar. Zum Abschluss der zweitägigen
Veranstaltung referierte Dr. Olaf Wolter, Leiter QM von Transport
Networks (Siemens AG), über die Wirtschaftlichkeitsbeurteilung
von TQM-Investitionen mit der Balanced Scorecard. Von besonderem
Interesse waren die mit Praxisbeispielen unterlegten Ausführungen
zur sog. Erweiterten Wirtschaftlichkeitsrechnung (EWR) von
TQM-Investitionen sowie zur möglichen Verknüpfung des
EFQM-Modells mit der BSC.
Weitere Info:
Ein Tagungsband kann bei Euroforum bestellt werden. (Kostenpflichtig)
(http://www.euroforum.com/dokus/index.asp?SID=PMETMFPWKKB205052002084925&ID=132)
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