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Notizen:
Neueinführung oder Umstellung einer Fachnawendung
Es liegt meist in der Natur einer Fachanwendung, daß ihre Nutzung für das “Kerngeschäft” des jeweiligen Aufgabenfeldes unverzichtbar ist. Ihr Einsatz ist ein wesentlicher Teil des täglichen Produktionsprozesses einer Organisation. Die nachstehenden Überlegungen gehen von dieser Konstellation aus. Daraus ergeben sich die spezifischen Anforderungen an das Schulungskonzept im Zuge einer systematischen Umstellung auf eine – meist komplexe - Fachanwendungssoftware, die teilweise auch zu inhärenten Zielkonflikten führen.
Aus der Anforderung “Zeitliche Nähe” ergibt sich beispielsweise, daß Schulungsmaßnahmen “auf Vorrat” unwirtschaftlich sind und den Umstellungserfolg gefährden, da ihre Wirkung durch die mangelnde zeitliche Nähe zur Nutzung verpufft. Andererseits ist eine Umstellungsphase i.d.R. mit einer Vielzahl von zeitlichen Zusatzbelastungen wie Testbetrieb oder Datenmigration verbunden, zu der wegen dieser Forderung auch noch die Zeit für die Schulungsteilnahme zu erbringen ist.
Die Organisation verfolgt mit der Umstellung eine Steigerung der Produktivität. Der Zeit- und Kostenaufwand für die Schulung beeinträchtigt vordergründig dieses Ziel. Dabei wird in der Verwaltung Zeitbedarf – d.h. Arbeitszeitausfall - der Schulungsteilnehmer weniger als Kostenproblem wahrgenommen, obwohl er betragsmässig meist den höchsten Anteil verursacht. Die unterschiedlich schwierige haushaltstechnische Bereitstellung der notwendigen Mittel z.B. der Sachmittel für externe Dozenten einerseits und der laufenden Personalmittel andererseits sind dafür einer der Gründe. Der Zeitbedarf der Mitarbeiter wird häufig nur über die Folgeprobleme des zusätzlichen Zeitaufwands wie Bearbeitungsstau oder Fristüberschreitungen wahrgenommen. Ob der Anteil der Schulung am Gesamterfolges der Umstellung ausreichend gesehen wird, hängt sehr von der Einstellung der Verantwortlichen ab.
Andererseits erwarten die Mitarbeiter und auch ihre Personalvertretung eine umfassende Schulung, die sie in die Lage versetzt, nach der Umstellung problemlos zu arbeiten. Aber hier wird auch die eigene zeitliche Belastung stark wahrgenommen. Der Versuch der Personalvertretung, in diesem Zusammenhang die Bezahlung von Überstunden oder den Einsatz zusätzlicher Kräfte zu erreichen, führt dann häufig doch noch zu haushaltstechnisch spürbaren Kostenproblemen.
Die einführende Stelle (eigene IT-Einheit oder Fremdfirma) möchte den Aufwand meist gering halten, um das Gesamtvolumen klein zu halten und die Lösung der (in ihrer Verantwortung liegenden) kurzfristigen Umstellungsprobleme nicht zu behindern. Die eher langfristigen Folgen unzulänglicher Schulung werden dafür dann - unbewußt - in Kauf genommen; insbesondere weil ihre Zuordnung zu den Verantwortlichkeiten der einführenden Stelle schwierig ist.
Die Zielgruppenorientierung und die Motivationslage der Anwender erfordern ebenfalls besondere Beachtung. Die Motivation ist geprägt durch den erwarteten (und meist auch entstehenden) “Umstellungsstreß”, der sich zusammensetzt aus dem o.a. Zeitdruck und der Unsicherheit, wie sich die neue Software auf die eigene Arbeit auswirken wird. Daneben ist zu beachten, daß die Teilnehmer an einer Umstellungsaktion in der Mehrzahl fachlich und im Umgang mit der bisherigen Lösung (mit oder ohne IT-Unterstützung) versiert sind. Je stärker die Selbsteinschätzung des eigenen Wertes auf der Umgangskompetenz mit der bisherigen Lösung beruht, desto stärker ist vor allem bei langjährigen Mitarbeiter die Gefahr von Versagensängsten und innerer Ablehnung, was sich wiederum auf Motivation und Schulungserfolg auswirkt. Gerade bei komplexer Software ist deshalb der Gesamtaufwand für eine Schulung, die allen Anwendern gerecht wird, sehr hoch, was die bereits dargestellten Schwierigkeiten weiter verschärft.